Als das Auswandern zur Realität wurde
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Im Januar 2021 hatten wir den letzten Kick erhalten, den wir gebraucht haben.
Nein, eigentlich haben wir keinen Kick erhalten.
Wir haben das Schicksal entscheiden lassen.
ES MAG VERRÜCKT KLINGEN.
IST ES AUCH GEWESEN!
Im Januar hat Marko sich wieder beim Arbeitsamt melden müssen. Wieso?
Man muss sich 3 Monate vor Ablauf seines befristeten Arbeitsvertrages beim Arbeitsamt melden.
Dann hatten ihm im selben Monat seine Vorgesetzten gemeldet, dass im März und im April circa 300 Mitarbeiter wegen Geschäftsmangel wieder gehen müssen.
Wir mussten auch hier wieder lachen.
Aber diesmal, weil wir uns irgendwie gefreut haben.
Ja, andere haben geweint, ihre Familien angerufen, waren verzweifelt.
Ich saß an meinem PC im Home Office und schreibe Marko zurück:
"Ist es schlimm, dass ich mich gerade freue?" - Danica
Und so fingen wir intensiver an zu überlegen. Unser Ziel wurde klarer und wir waren uns nicht mehr über den Zielort im Unklaren. Es soll Kroatien werden.
Wir hatten deshalb zwei Optionen: Entweder Marko wird verlängert und wir bleiben noch eine Weile in Deutschland und bauen uns Mietshäuser aus der Ferne auf. Oder er wird nicht verlängert und wir müssen uns einen schnellen Plan überlegen.
So vergingen einige Monate. Wir hatten unserer Familie schon davon erzählt und sie irgendwie darauf vorbereitet.
Wir haben von Anfang an offen darüber geredet, dass wir auf keinen Fall nochmals auf Jobsuche gehen.
Dass es später dann doch wieder so ist haben wir selber nicht geglaubt. Aber dazu später mehr.
Es war nun Anfang März 2021. Bisher haben schon einige ihre Verlängerung erhalten. Im Laufe des Monats trudelten auch die Briefe an die Mitarbeiter ein, die nicht verlängert wurden. Marko hat immer noch nichts erhalten. Mein 30. Geburtstag stand am 04.04. bevor und wir wollten uns einfach mal eine Woche Abstand und Urlaub genehmigen und es feiern. Bevor wir aber nicht wissen was jetzt eigentlich mit dem Arbeitsvertrag ist, wollten wir aber auch nicht buchen. Und wir konnten auch nicht buchen, weil die Corona-Situation damals ja noch so sprunghaft war und sie kurz vorher die Grenzen immer geschlossen haben etc.
Also warteten wir bis zur letzten Wochen und haben dann einfach gebucht. Markos letzter Arbeitstag war der 31.03.2021.
Bis dahin war alles noch unverändert. Er war der Einzige, der nicht Bescheid wusste. Am 30.03. kam er dann zur Arbeit und zur Mittagspause kam dann der Brief, dass er nicht verlängert wurde.
SCHOCK
Ja, wir waren etwas mitgenommen. Ehrlich gesagt haben wir es schon geahnt. Aber so kurz vor knapp kann man sich gar nicht darauf vorbereiten.
Und dann stand noch die Reise an und wir waren verunsichert, ob wir gehen sollen oder nicht.
Marko hat sich den letzten Tag krank geschrieben, weil der Meister so bescheuert zu ihm war und auch sonst haben sich seine Kollegen alle aufgeregt.
Vor allem die aus der Endkontrolle. Sie hatten sich gefragt wie es sein kann, dass Mitarbeiter, die ständig Fehler machen eine Verlängerung erhalten und Marko, der keine macht eben nicht. Ich mochte da auch gar nicht mehr darüber nachdenken. Ihr merkt, wir haben die 10 Jahre, die wir zusammen sind einfach schon so viele negative Erfahrungen mit deutschen Arbeitgebern gemacht, dass wir einfach eine andere Lösung für uns suchen mussten.
Wir fuhren also gleich am nächsten Tag nach Istrien in die Nähe von Porec in ein Ferienhaus, haben all' unser Fotoequipment eingepackt und haben eine Woche Videos und Fotos nach Lust und Laune gemacht. Waren viel in Istrien unterwegs und sind sogar auf die Inseln Cres und Losinj gefahren. Es war wunderschön und gleichzeitig waren wir natürlich verunsichert. Das Schicksal hatte für uns entschieden und auch wenn wir darauf einigermaßen vorbereitet waren - wir waren es nicht.
Wahrscheinlich ist man das nie, aber irgendwie klatschten wir mit voll Karacho auf den Boden der Tatsachen und mussten nach dem Urlaub direkt den Powerschalter zünden.
Denn danach ging alles so schnell und irgendwie dann auch nicht. Wir machten einen Step nach dem Anderen.
Im Urlaub schon haben wir eine Gegend für unsere Mietshäuser besichtigt. Hat uns aber nicht gefallen. Dann überlegten wir, wo wir eventuell günstiger wegkommen und wo es uns sonst auch gefallen hat.
Samobor fiel uns da gleich in den Sinn, fanden wir auch sonst immer ganz süß. Und die Weinberge in der Umgebung kamen uns vertraut vor. Die Grundstücksuche war damals auch echt schwer, weil wir einfach gefühlt an die 100 Grundstücke gefunden haben, die uns gefallen und die günstig waren.
Also war klar, in der Gegend suchen wir intensiver.
Parallel dazu wollte Marko sich wieder einen Nebenjob suchen, er war beim Arbeitsamt gemeldet. Ich hatte meinen Job und durfte am Stück im Home Office arbeiten.
Und wir mussten einige Sachen noch in der Wohnung fertigstellen, die liegengeblieben sind. Im Mai 2021 haben wir unsere Wohnung dann inseriert und sie kam auch echt gut an. Wir haben den Preis mit Absicht hochgesetzt, weil wir wussten, dass uns die Inflation ohnehin schon ein Strich durch die Rechnung machen wird.
In der Zeit hatten wir aber überlegt, ob wir noch in Deutschland in Miete bleiben, wenn wir die Wohnung verkaufen, ob wir uns in Kroatien was mieten oder ob wir nach Arzano zu meinen Eltern vorübergehend ins Haus ziehen. Wir entschieden uns für Miete am Meer, weil wir einfach mal am Meer leben wollten und haben einige Sachen in und um Rijeka gesucht. Vieles war vergriffen, was uns gefallen hat und sonst hat der Markt nicht viel hergegeben. Wir hatten eine kleines Haus mit kleinem Garten in Lovran bei Opatija gefunden. Es hat uns so ganz gut gefallen, also fuhren wir hin, um es zu besichtigen.
Anfang Juli sind wir dann hingefahren. Wir haben es nicht direkt gefunden, die Gegend angeschaut und auf die Maklerin gewartet.
War ganz ok, aber die Möbel waren extremst dreckig und eigentlich wussten sie schon eine Woche vorher, dass wir kommen und dann auch direkt übernachten wollen.
Wir hatten überlegt, dachten okay, haben nicht wirklich eine Wahl und wollten dann zusagen.
Dann kam der Besitzer hinzu und war irgendwie total komisch. Er hatte so eine Beraterin dabei und die waren alle komisch.
Haben uns gar nicht wohl gefühlt. Er hat uns die Schlüssel in die Hand gedrückt und wollte dann später die Papiere klären.
Wir waren 5 Minuten drin, haben uns nochmal alles genau angeschaut.
Sind raus. Haben eine geraucht und haben den Besitzer angerufen und gesagt, dass es nichts für uns ist und er die Schlüssel abholen kann.
Ich hab draußen am Auto geweint.
Wir waren total geknickt, weil das unser Favorit war. Und wir einfach wieder umdenken mussten.
Am selben Tag hatten wir uns noch was angeschaut, wo wir bis zum April hatten bleiben können.
War aber auch nicht das richtige mit Nairobi. Und dann haben wir die restlichen Tage einfach noch abgeschaltet und in einem Ferienhaus in Senj ein paar Tage verbracht.
Zurück in Deutschland machten wir uns weiter mit der Suche nach Grundstücken um Zagreb - Samobor und weitere Gegenden.
Wir hatten gemerkt, dass die Grundstücke in Jastrebarsko und Plesivica extrem günstig sind. Baugrundstücke hat man im Juli 2021 schon für 10.000 EUR gekriegt.
Also hatten wir die auch auf unsere Liste gesetzt.
Das war auch so das erste, was wir auf jeden Fall hätten kaufen können ohne die Wohnung zu verkaufen.
Also entschieden wir uns für diesen Step.
Ende Juli fuhren wir also nach Plesivica. Da haben wir uns ein Haus gemietet bei Jungs, die gerade erst aufgemacht haben.
Total liebe Jungs übrigens und singen nebenher noch in einer Band. Auf jeden Fall sortierten wir die Grundstücksinserate nach Lage und Gegend und klapperten eins nach dem Anderen ab. Am Donnerstag kamen wir an und haben uns direkt in Samobor und Umgebung welche angeschaut.
War aber irgendwie nichts dabei.
Freitag vormittags hatten wir uns dann mit einem Makler aus Jastrebarsko verabredet. War ganz nett und er meinte er zeigt uns ein paar Grundstücke in der Gegend, die wir rausgesucht hatten. Wir fuhren als erstes zu meinem Favorit. Schöner Ausblick, aber die Holzfabrik war direkt links unten zu hören.
Das nächste Grundstück war in der selben Preisklasse und es war echt wunderschön. Das einzige Manko war, dass es im Tal lag.
Ansonsten hatte man hier einen wunderschönen, fließenden Bach in einer ruhigen Gegend.
Dann sagte der Makler zu uns:
"Ich hab' da noch ein Grundstück. Es ist echt ein richtig gutes Grundstück. Aber es ist eben doppelt so teuer wie die anderen. Aber vielleicht schaut ihr es euch an und es ist was für euch."
Okay. Ich wollte gar nicht hinfahren. Doppelt so teuer kam für uns nicht in Frage.
Aber meinetwegen. Wir sind hingefahren, lag ohnehin auf dem Weg. :-)
Wir stiegen aus und waren von dem Ausblick und der Größe gar nicht so abgeneigt.
Es hatte Obstbäume und den ganzen Tag Sonne.
Notiert.
Am Nachmittag fuhren wir wieder Richtung Samobor, denn auf dem Weg über Plesivica lagen einige Grundstücke, die wir noch anschauen wollten.
Es war uns aber alles zu dunkel. Die Grundstücke liegen meist im Norden vom Zumberak, sind im Tal und dadurch vom Berg verdeckt.
Auch sonst wirkt alles irgendwie duster.
In unserem Lieblingsrestaurant sind wir dann Essen gegangen und als wir wieder zurück im Ferienhaus waren, kreisten unsere Gedanken um das eine "teure" Grundstück.
Es war nicht teuer im Vergleich zu Deutschland, versteht mich nicht falsch. Aber im Vergleich zum Rest eben schon.
Aber es nützt nichts, wenn es in deinem Kopf ist.
"Ich möchte nur den Sonnenuntergang sehen. Fahren wir heute Abend nochmal da hin." - Danica
Also haben wir uns ins Auto gesetzt, haben Nairobis Frisbee mitgenommen und ein paar kalte Getränke und fuhren nochmals hin.
ICH WERDE DIESEN MOMENT NIEMALS VERGESSEN.
Es war so magisch, dass ich es euch gar nicht beschreiben kann. Wie in einem Film, wenn der Hund über die Wiese rennt, das Licht der letzten Sonnenstrahlen das Herz wärmt und die Vögel zwitschern. Die Sonne ging mit direktem Blick vor uns unter. Das war der Moment, in dem wir wussten. Hier möchten wir sein. Die Plesivica Gegend hatte uns die Tage zuvor schon in ihren Bann gezogen. Man kann über die Weinberge fahren und folgt verwinkelten Straßen bis hin zu wahnsinnigen Ausblicken bis nach Karlovac.
Es ist einfach eine magische Gegend. Von daher war das auf jeden Fall klar.
Am nächsten Morgen hatten wir direkt einen Termin mit dem Makler vereinbart und sind dann nach Zagreb in die Mall zum Notar.
Wir hatten ein Grundstück gekauft und waren so mega glücklich.
Ein Step war erledigt. Wir hatten die Gegend gefunden, in der wir leben möchten und ein Grundstück gekauft.
Der Wohnungsverkauf hatte im August einen Tief, weshalb wir uns für einen Makler entschieden,.
Im Endeffekt hat er uns um 10.000 EUR beschissen. Aber die Geschichte möchte ich euch gar nicht erzählen, weil sie zu lang und kompliziert ist.
Und nicht nur der Wohnungsverkauf hatte einen Tief. Auch wir. Das mit dem Nachbarn spitzte sich immer weiter zu. Ich arbeitete Überstunden und Marko fiel so langsam die Decke auf den Kopf. Ich hatte schon am Anfang des Jahres Urlaub im August geplant. 3 Wochen. Und wir blieben daheim. Es war der schlimmste Urlaub aller Zeiten.
Wir dachten wir drehen durch.
Also war September. Wir hatten die Wohnung immer noch nicht verkauft. Ich hatte immer noch nicht gekündigt. Und ich musste auch wieder regelmäßig zur Arbeit fahren.
Ein Auto hatten wir bereits im Juli verkauft, weil wir es nicht mehr benötigten. Und dann wurde die Sache einfach etwas eng.
Marko hatte überlegt einfach einen Job anzunehmen, er musste ja seitens Arbeitsamt Bewerbungen schreiben.
Mitte September war er an einem Montag in einem Gespräch mit einer Zeitarbeitsfirma. Er hatte sich die Vertragsunterlagen geholt und hätte eine Woche später mit der Arbeit angefangen. Am selben Tag kriegen wir einen Anruf:
"Ihr habt einen Käufer für eure Wohnung!"
Damn. Wir mussten alles wieder umschmeißen und uns war klar, dass wir nicht bleiben und einfach weg aus Deutschland müssen. Also entschieden wir uns dazu nach dem Verkauf der Wohnung nach Arzano ins Haus meiner Eltern zu ziehen. Gegen Ende September haben wir unsere Wohnung offiziell beim Notar verkauft und hatten dann eigentlich mit Anfang November geplant. Allerdings hat sich das mit seiner Bank so verzögert und die haben irgendwie geschlafen, dass wir eigentlich noch bis zum Dezember bleiben mussten bzw. auf unser Geld hatten warten müssen.
War uns gar nicht Recht, weil wir eigentlich alles so gelegt haben, auch arbeitstechnisch, dass wir Anfang November hier sind.
Wir hatten im Oktober schon unsere Kisten nach Kroatien gefahren (1200 km) und haben in einer leeren Wohnung gelebt.
Die letzte Woche dann auf Luftmatratzen und es war echt nicht mehr schon. Wir hatten überlegt zu fahren und dann Ende November nochmals zu kommen.
Zu dieser Zeit haben wir uns noch Hund Nummer 2 namens COCO zugelegt.
Sie musste die letzte Woche noch das Chaos durchleben. Aber hat sie nicht gestört und danach war sie im Hundeparadies Arzano. :-))
Wegen Corona, wieder einmal, haben wir alles umgeschmissen und sind doch schon am 03.11. nach Kroatien gefahren.
Hatten noch Einiges mit uns und haben uns spontan einen Anhänger zugelegt, damit wir noch alles mitnehmen können.
Die Übergabe der Wohnung hat dann mein Papa erledigt, es hatte doch eine Woche später geklappt.
Anfang November 2021 haben wir es tatsächlich nach Kroatien geschafft. Wahrscheinlich haben wir bis dahin selber 10.000 Mal daran gezweifelt.
Und wir sind wahrscheinlich auch die chaotischsten Menschen überhaupt auf dieser Welt. Oft kriegen wir unseren eigenen Mist nicht einmal geregelt.
Aber es war genau ein Jahr nachdem ich gesagt hatte, dass wir in einem Jahr nicht mehr in Deutschland sind. Irgendwo aber nicht mehr in Deutschland.